Die im Folgenden präsentierten Infos sind lediglich als meine private Meinung und nicht als Pilzberatung zu verstehen. Pilzbestimmung übers Internet ist trotz der vielen Vorzüge, die gute Pilzseiten (z.B. 123pilze.de) ggü. Printmedien aufweisen, keine endgültige Bestimmung und sollte bei Unsicherheit vor Ort von Mykologen (Pilzexperten) bestätigt werden. In Österreich gibt es dazu Pilzauskunftstellen. Ich übernehme keine Haftung.
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Das ist mal ein Rezeptname! 😉
Ich nehme mir heute endlich die Schopftintlinge vor, die – neben den Hallimasch – meine Lieblingspilze sind. Sie sind sehr markant und ziemlich exklusiv, denn sie haben eine Eigenheit: Nach dem Einsammeln muss man sie ehestmöglich verkochen, weil sie sonst innerhalb weniger Stunden zu Tinte zerfließen (daher der Name). Auch während des Wachsens zerfließen sie, aber nicht ganz so schnell – da dauert der Prozess meist wenige Tage.
Okay, sie zerfließen nicht „zu Tinte“, aber aus der schwarzen Flüssigkeit, die beim Zersetzungsprozess der Zellen übrigbleibt, hat man früher Tinte hergestellt. Diesen Prozess der Selbstauflösung nennt man übrigens „Autolyse“, nur so zur Info, falls das mal eine Frage in der Millionenshow wird…
Aufgrund der Autolyse sind Schopftintlinge nicht lagerbar, keine Pilze, die man im Supermarkt oder auf Märkten kaufen kann, und auch nur essbar, wenn sich der Schwammerlplatz in der Nähe der eigenen Küche befindet. Würde ich im Lungau Schopftintlinge sammeln (wo viele Salzburger hinfahren), hätte ich zum Zeitpunkt des Kochens wahrscheinlich schon ganz schwarze Pilze.
Bei uns hat es sich zufällig so ergeben, dass wir heuer zwei Fundstellen 200m hinter unserem Haus haben. Das ist wirklich ein Glücksfall! Letztes Jahr war da genau einer, ich kann mich genau daran erinnern, weil ich so traurig war, ihn erst in zerflossenem Zustand entdeckt zu haben. Wie ich jetzt weiß, war das sogar gut – denn die Selbstauflösung hat Sporen freigesetzt und ein ordentliches Pilzmyzel entstehen lassen, wo vorher nur ein einzelner, kleiner, trauriger, schwarztriefender Hut stand.
Schopftintlinge darf man wirklich nur essen, wenn sie noch komplett weiß sind. Schwarze oder bereits rötliche Stellen sind nicht essbar. Die Stiele kann man aber immer essen, denn diese zerfließen nicht.
Ich hab auch schon mal kleine Schopftintlinge stehen lassen, um sie tags darauf zu holen – bei denen hatte der Zersetzungsprozess aber bereits ganz leicht begonnen. Man musste ziemlich viel wegschneiden. Also eher: gleich zuschlagen und so viel mitnehmen, wie ihr tragen könnt, denn sie lassen sich auch einfrieren!
Wegen der lustigen, hohlen Stiele heißt der Schopftintling auch „Makkaronipilz“.
Vom Geschmack her sind Schopftintlinge wirklich exzellent. Sie haben Biss, schmecken grandios pilzig-nussig und zerkochen auch nicht. Ein weiterer Name ist „Spargelpilz“ – ok, mit diesem Bild vor Augen könnte man sich sogar einen leichten Spargelgeschmack hineinfantasieren.
Ich zeige hier mal unseren letzten Fund (Einzelbilder anklicken für Großaufnahmen):
Ich hab es verabsäumt, ein Foto von einem sich zersetzenden Tintling zu machen, aber das könnt ihr hier auf 123pilze oder hier in Homas Waldmeierei nachsehen. Zwei Seiten, die ebenfalls sehr gut geeignet sind, um sich umfassend über Pilze zu informieren. Ich bin ja sowieso dafür, hier mehrere Kanäle zu nutzen: verschiedene Internetseiten, Google-Fotos, Pilzbücher, ggf. noch Bekannte, Verwandte oder Pilzberatungsstellen.
Schopftintlinge wachsen gerne auf Waldwegen, an Waldrändern, sogar mitten in gedüngten Wiesen und in Parks. Sie lieben nährstoffreichen Boden. Man sollte aber keine Tintlinge von richtigen Tierdung-Misthaufen einsammeln, denn da handelt es sich wahrscheinlich eher um Hasenpfotentintlinge oder um Mist-Tintlinge (s.u.).
Es gibt sie vom Frühling bis zum Spätherbst, zumindest in der Theorie; unsere wachsen erst seit Anfang Oktober (Homa schreibt, dass sie bereits Anfang Juni richtig viele gefunden hat).
Schopftintlinge sind 2-12cm groß.
Der „Hut“ hat eine ovale Längsform, ist weiß fasrig-geschuppt und meistens mit einem hellbräunen „Käppchen“ am Scheitel versehen (s. Fotos).
Die Lamellen der essbaren, jungen Tintlinge sind strahlend weiß.
Der Stiel ist ebenso strahlend weiß und innen hohl (abgesehen von der „Wurzel“ bzw seinem Fuß, der sich etwas verdickt und kompakt ohne Hohlstelle ist).
Sobald der Zersetzungsprozess einsetzt, öffnet sich der Hut und nimmt eine Glockenform an. Dann werden die Lamellen erst rosa, später rostrot und schließlich ganz schwarz. In diesem Stadium bitte nicht meht essen.
Schopftintlinge gelten als Heilpilze bzw. Vitalpilze. Früher wurden sie in Pulverform in Apotheken verkauft, doch in der EU sind keinerlei Heilpilze mehr offiziell zugelassen. Helfen sollen sie dennoch gegen:
- Diabetes I und II (unregelmäßigen Blutzuckerspiegel)
- Hämorrhoiden
- Verstopfung
Angeblich enthalten Schopftintlinge auch Coprin in geringen Mengen, d.h. er wäre in Verbindung mit Alkohol schwach giftig (Verdauungsprobleme). Ich habe aber noch keinerlei Erfahrungsbericht diesbezüglich gelesen, weder in den diversen Pilzforen, in denen ich mich herumtreibe, noch auf Blogs oder Pilzberatungsseiten. 123pilze glaubt an ein Märchen, Homa weist in ihrer Waldmeierei zwar auf die Coprin-Sache hin, sagt aber selbst, dass sie noch nie Probleme hatte… und auch wir trinken regelmäßig ein Gläschen Weißwein oder Bier (oder auch zwei) zu unseren Schopftintling-Gerichten.
Ich will es nur gesagt haben; vielleicht haben BESONDERS magen-darm-empfindliche Menschen Bauchzwicken, wenn sie Alkohol zum Gericht trinken… Aber ich glaube eher, dass es sich hier um eine Verwechslung mit anderen Tintlingen handelt, und man vorsichtshalber einfach per Rundumschlag alle Arten dieser Gattung verteufelt hat. Manche Tintlinge sind nämlich tatsächlich leicht giftig in Verbindung mit Alkohol.
Das bringt uns auch schon zu den Doppelgängern (Namen anklicken, um zu Fotos zu kommen). Und wenn wir ganz ehrlich sind, besonders doppelgängerisch sind die nicht, denn schuppig-faserig und weiß (mit hellbraunem Käppchen), das gibt es nur beim Schopftintling:
- Faltentintling: 2 Tage vor und 2 Tage nach dem Pilzgenuss darf keinerlei Alkohol getrunken werden, dann ist der Faltentintling sehr gesund und gut. Ein super Pilz für Antialkoholiker, weil ihn nur ganz wenige Leute sammeln. Für ihn gilt dasselbe wie für den Schopftintling: Er darf sich noch nicht zersetzen, wenn man ihn essen will.
- Großer Rausportintling: giftig mit Alkohol
- Perlhuhn-Tintling: giftig mit Alkohol; schmeckt nicht gut, ungenießbar
- Aschgrauer Mist-Tintling: schmeckt nicht gut, ungenießbar
- Hasenpfoten-Tintling: schmeckt nicht gut, ungenießbar (der Hasenpfoten-Tintling kann als einziger schneeweiß sein, ist aber übersät von wolligem „Fell“ und sieht ganz anders aus als der Schopftintling mit seiner faserigen Schüppchen)
So, nun aber genug davon. Hier endlich ein Rezept, das dem Namen „Makkaronipilz“ auf jeden Fall gerecht wird. Eine echte Low Carb-Alternative zu richtiger Pasta:
Schopftintling-Makkaroni mit Letscho und Knusper-Topinambur
2 Portionen:
Für die Schopftintling-Makkaroni:
- 500-600g Tintlinge (mit Stiel und Hut und allem)
- Saft v. 1/2 Zitrone
- 1 EL Senf
- 1 TL Bio-Instant-Gemüsesuppe
- 1 EL gehackte Kräuter (ich hatte Estragon und Thymian)
- Salz, Pfeffer, Erdnussöl
Für das Letscho:
- 1 rote Zwiebel
- 200g Tomaten (ca. 2 große; ich hatte viele kleine)
- 2 Knoblauchzehen
- 1 großer Spitzpaprika
- 1 Chili
- 1 TL Erythrit
- Salz, Pfeffer, Erdnussöl
Für den Knusper-Topinambur:
- 350g Topinambur (mit Schale)
- Saft v. 1/2 Zitrone
- 2 Knoblauchzehen, gepresst
- 1 TL Bio-Instant-Gemüsesuppe
- 1 EL gehackte Kräuter (ich hatte Estragon und Thymian)
- Salz, Pfeffer, Erdnussöl
Schopftintlinge putzen und in Stückchen schneiden.
Zwiebel, 2 Knoblauchzehen, Chili, Tomaten und Paprika würfeln; zur Seite stellen.
Topinambur putzen und mit der Schale in feine Scheibchen hobeln (wer besonders empfindlich auf die verdauungsfördernden Stoffe im Topinambur reagiert, kann sie schälen). Mit den Gewürzen in einer großen Pfanne wie Braterdäpfel knusprig braten; das dauert einige Zeit. Wenn die anderen Töpfe noch nicht fertig sind, kann auch einfach nur die Hitze reduziert werden; Topinambur verkocht sich kaum.
Die Letscho-Zutaten anbraten, würzen und einfach nebenbei dahinköcheln lassen.
Die Pilze in Öl anbraten, würzen und so lange dünsten lassen, bis sich das ausgetretene Wasser wieder verflüchtigt hat und die Konsistenz an gekochte Makkaroni erinnert.
Serviervorschlag: Ein kleines Schälchen mit Öl einstreichen, mit Schopftintling-Makkaroni befüllen und aufs Teller stürzen.